Wie das Jahr 2020
unser Einkaufsverhalten
verändert hat

2020 war ein Jahr, das durch die globale COVID-19 Pandemie viele Veränderungen mit sich brachte. Nicht nur kauften Konsument:innen mehr Ware online, auch wie wir über Online-Einkäufe und Konsum denken, hat sich gewandelt. Das Online-Vergleichs-Shopping-Portal Ladenzeile/Shopalike hat eine Studie durchgeführt, die uns hilft zu verstehen, wie sich die Online-Einkaufsgewohnheiten unserer Konsument:innen im Verlauf des Jahres 2020 geändert haben. Das Ladenzeile/Shopalike-Team analysierte das Kaufverhalten in 13 europäischen Ländern und verglich die Daten der Suchanfragen von 2020 mit denen von 2019, um herauszufinden, welche Produktgruppen im prozentualen Vergleich besonders stark nachgefragt wurden.

Wie shoppen wir jetzt online?

Ladenzeile führte mit Terhi-Anna Wilska, Professorin für Soziologie an der Universität Jyväskylä in Finnland, ein Interview, um mehr über die soziologischen Veränderungen zu erfahren, die das letzte Jahr mit sich brachte. Welche Verhaltensweisen haben sich Shoppende beim Online-Einkauf 2020 angeeignet und wie können sich Online-Shops künftig auf diese neuen Bedürfnisse einstellen?

Dieses Jahr hat uns gezeigt, dass wir uns als Menschen sehr gut neue Gewohnheiten aneignen können – so auch beim Einkaufen. Wo Konsument:innen zuvor beliebig in stationären Geschäften Waren erwerben konnten, sind nun mehr und mehr Einzelhandelsflächen online gegangen. So wurde der Einkauf auch für Menschen möglich, die zu Hause bleiben mussten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Terhi-Anna Wilska, PhD,

Ph.D., Lic.Sc. (Econ.)
Professorin der Soziologie
Universität Jyväskylä


Leitung Work Package
„Junge Menschen als Konsument:
innen in digitalen Umgebungen“
Verbraucherforschung, Digitalisierung,
junge Menschen,
Wohlbefinden, Nachhaltigkeit
Forschungsprojekte

Webseite

 

 

 

Ältere Generationen kaufen jetzt online ein

 

Terhi-Anna Wilska weist darauf hin, dass Geschäfte, die zuvor nicht online waren, nun einen Online-Shop erstellen mussten. Insbesondere das Wachstum kleinerer Geschäfte, von Shops mit gemischten Waren sowie heimischer Läden wäre immens gewesen und immer mehr Menschen würden vor allem Lebensmittel von diesen online kaufen. Die ältere Generation, die bisher mit dem Online-Shopping noch nicht vertraut war, hätte sich 2020 damit angefreundet und Terhi-Anna Wilska sieht diese Entwicklung auch in der Zukunft Bestand haben.

Die demografischen Daten der Google Analytics Statistiken für Ladenzeile bestätigen diese Beobachtungen: Werden die Daten der Plattformen von den einzelnen Ländern kombiniert, wuchs die Altersgruppe ab 65 Jahren im Jahr 2020 im Durchschnitt um 92 % gegenüber dem Vorjahr an. In Österreich betrug der Zuwachs ganze 182 %, in Dänemark 142 % und in Finnland 129 %. Die sogenannten Silver-Surfer waren entweder die am stärksten oder am zweitstärksten wachsende Zielgruppe in allen Ländern.

Wie haben wir 2020 eingekauft?

Betrachten wir die gesamten Einkaufsdaten von 2020 für die 13 europäischen Ladenzeile- und Shopalike-Plattformen, so verzeichnen Möbel und Haushaltsgegenstände klar den höchsten Zuwachs bei der Suche im Vergleich zum Vorjahr. Laut Terhi-Anna Wilska werde dies auch so bleiben, da „die Nutzung von Technologien allgemein zugenommen hat, in der Zeit, in der Menschen daheim geblieben sind und von dort gearbeitet haben. Produkte rund um das Zuhause, Arbeit, Hobbys und Sport wurden dieses Jahr online gekauft.“

Die Daten für die Top 10 der Produkte, die bei uns am häufigsten gekauft wurden, belegen die Richtigkeit ihrer Annahme. Der stärkste Zuwachs ist bei den Home-Fitness-Trends zu verzeichnen: Der Kauf von Gewichten stieg um 9.349 % im Vergleich zum Vorjahr an. Kurzhanteln belegen den sechsten Platz bei den Top-10-Produkten mit einem Wachstum um 1.017% im Verlauf des Jahres. Das Tragen von Gesichtsmasken wurde zur Pflicht oder zumindest zur Empfehlung in allen Ländern. Daher beträgt der Zuwachs hier im Vergleich zum Vorjahr 8.162 % und sie belegen in der Rangliste den zweiten Platz.

Best buy and why: Sneakers or leather shoes?

Andere Produkte, die einen Bezug zu Corona haben, sind Thermometer auf dem achten Platz mit einem Anstieg um 539 % beim Vorjahresvergleich. Auch Einmalhandschuhe mit einem Plus von 345 % auf dem zehnten Platz gewannen durch die Pandemie an Interesse.

 

Da mehr Zeit daheim verbracht wurde, entdeckten viele Menschen ihren grünen Daumen und begannen ihr Zuhause mit Pflanzen zu gestalten. Blumenerde findet sich auf dem dritten Platz mit einem Zuwachs um 1.510 % im Vergleich zum Vorjahr. Die Schließung von Schulen und Kindergärten führte zum Bedarf und der wachsenden Beliebtheit von gemeinsamen Aktivitäten mit der Familie daheim. So finden sich Puzzle in der Rangliste auf dem vierten Platz und verzeichnen einen Anstieg von 1.149 %.

 

Die einzige Modekategorie, die sich in der Liste findet, ist Frühlingsmode, die mit einer jährlichen Wachstumsrate um 1.019 % an fünfter Stelle landet. Wir vermuten, dass der Anstieg sich auf die Lockerungen der Einschränkungen im späten Frühling und frühen Sommer zurückführen lässt. Menschen verbrachten in dieser Phase wieder mehr Zeit in der Öffentlichkeit oder verreisten. Nach Terhi-Anna Wilska sei abgesehen davon „der Kauf von Mode zurückgegangen, da es keine Gelgenheiten und Anlässe für Menschen gab, die neuen Stücke auch zu tragen“.

Welche Produkte waren 2020 die beliebtesten in Österreich?

 

Veränderungen beim Einkaufsverhalten waren auch auf dem Markt in Österreich deutlich zu spüren. 2020 waren Österreicher:innen besonders interessiert an Sportartikeln, Dekoration und Möbeln sowie an Zubehör für das Home-Office. Die eigenen vier Wände, in denen nun fast die gesamte Zeit verbracht wurde, sollten nicht nur funktional und wohnlich möbliert und dekoriert werden. Auch eine Abgrenzung von Bereichen für Arbeit, Lernen, Telefonkonferenzen und sogar Mini-Fitness-Zonen war bei der Gestaltung relevant. In sich selbst und den eigenen Wohnbereich zu investieren sind Trends, die auch in anderen europäischen Märkten beobachtet wurden. In Österreich gab es zudem spezifische Produktgruppen, an denen die Nutzer:innern von Ladenzeile.at besonders interessiert waren.

Tretroller landeten auf dem ersten Platz der Top-5-Produktgruppen mit der höchsten Nachfrage in 2020. Hier stieg das Interesse um 125 %. An zweiter Stelle landeten Schlafzimmermöbel mit einem Zuwachs um 80 %. Viele Menschen nutzten die Zeit daheim, um ihr Zuhause neu zu gestalten. Auch Wohnzimmermöbel mit einem Anstieg um 25 % auf Platz drei unterstützen dies. Laufschuhe landeten mit einem Zuwachs um 15 % auf Platz vier. Das Schlusslicht bei den Top 5 bilden Schwimmbecken, die um 12 % häufiger nachgefragt wurden. Wer es sich leisten konnte, holte sich den Urlaub im Jahr 2020 also in den heimischen Garten.

Wie werden wir in Zukunft einkaufen und wie können wir uns auf 2021 vorbereiten?

 

 

Online-Shops: Investitionen in Sicherheit und individuelle Service-Leistungen

 

Einige der Trends, die wir 2020 gesehen haben, werden definitiv bleiben. Nach Terhi-Anna Wilska würden Investitionen in die Sicherheit künftig besonders relevant werden. „Die Zukunft des Online-Shoppings sollte vertrauenswürdig sein. Untersuchungen zeigen, dass Online-Shopping eine zweifehalfte Sache ist, insbesondere für die älteren Zielgruppen. Menschen hinterfragen aufgrund von Online-Betrugsfällen die Sicherheit und den Schutz bei der Übermittlung von Zahlungsdaten. Auch hier sind ältere Nutzer:innen besonders skeptisch. Dazu sind kurze Lieferzeiten, genauso wie schnelle Ladezeiten der Webseiten sehr wichtig und das Einkaufen online sollte möglichst nutzungsfreundlich gestaltet werden“, erklärt sie. Außerdem weist sie darauf hin, dass Service-Leistungen die Individualität betonen sollten. „Da heute sehr viel automatisiert ist, wird individueller Service zum Luxusgut. Je mehr sich Konsument:innen persönlich wahrgenommen fühlen und im Online-Store wiedererkannt werden – ohne zu offensichtliche Produktplatzierung – desto besser ist die Einkaufserfahrung, die sie machen.“

 

In der Zukunft wird es mehr hybride Geschäfte geben

 

Eine weitere Beschleunigung des E-Commerce, wie während der Pandemie, sei nach Ansicht von Terhi-Anna Wilska unwahrscheinlich, da die Menschen nicht hinaus gehen konnten. „Jedoch wird die Bedeutung des E-Commerce nicht wieder abnehmen. Er wird als Option für Konsument:innen bleiben, wenn sie beispielsweise nach einem bestimmten Produkt suchen. Menschen, die zuvor im stationären Einzelhandel einkauften, wissen nun, wie einfach es ist, online zu suchen und Produkte zu erwerben. Außerdem werden sie genau wissen, was sie suchen“, sagt sie. Stationäre Geschäfte sehe sie in der Zukunft als Hybriden. „Heute sind der stationäre Handel und Online-Shops nicht mehr zwei unterschiedliche Geschäfte und die meisten Läden sind bereits in beiden Formaten präsent “, fügt sie hinzu.

Junge Menschen werden auch weiter am meisten unter den ökonomischen Auswirkungen von COVID-19 leiden

 

Das außergewöhnliche Jahr hat auch die Ökonomie und Gewohnheiten, Geld auszugeben, verändert. Soziologin Terhi-Anna Wilska weißt auf den Einfluss von COVID-19 bei den Finanzen für verschiedene Altersgruppen hin – ein Themenkomplex, den sie in Finnland untersucht hat. Nach ihren Ergebnissen „sind es junge Menschen, die am meisten leiden, und ihre finanzielle Situation wird auch nach der Pandemie am problematischsten sein. Ihr Konsumverhalten wird nicht weiter zunehmen, wenn sie online oder anders einkaufen. Ältere Zielgruppen haben finanziell am wenigsten Schaden genommen, daher werden sie auch künftig Geld ausgeben und online einkaufen“.

 

Andere Trends, die wir 2020 gesehen haben

Komfort zuerst: Ein wegweisendes Jahr in der Mode

 

Die Modeindustrie wurde 2020 eindeutig revolutioniert. Ein deutlicher Teil an Menschen begann von zuhause aus zu arbeiten, damit verlagerte sich der Fokus von stylisher Streetwear hin zu bequemer Lounge- und Sportkleidung. Ganz allgemein rückte außerdem die Qualität und Langlebigkeit von Kleidungsstücken – im Kontrast zu Fast-Fashion – in den Vordergrund. Viel Zeit zuhause schuf auch neuen Raum für kreative DIY-Aktivitäten: Mehr und mehr Menschen starteten auf Social Media Experimente mit farbenfrohen Batik-Techniken auf weißen Jogger-Sets. Die Nachfrage nach nachhaltiger, veganer und tierversuchsfreier Kleidung ist weiterhin hoch und das Interesse an Luxus-Kleidungsstücken verstärkte sich noch, da Shoppende verstärkt auf hohe Qualität und Langlebigkeit in der Mode setzen.

Nirgendwo ist es so schön wie zuhause: Eine Oase des Cocoonings

 

Unternehmen wechselten - soweit möglich - vermehrt zum Home-Office. Da Menschen so mehr und mehr Zeit zuhause verbrachten, gewannen stimmige und praktische Möbel und natürliche Deko-Elemente an Wert. Geräumige, multifunktionale Flächen rückten in den Mittelpunkt. Wenn möglich wurde ein offener Zugang mit Terrasse und Garten geschaffen. Zu den beliebtesten Wohntrends gehörten 2020 der Boho-Stil sowie der skandinavische und der moderne Mid-Century-Stil. Bequeme Samt-Sofas mauserten sich zum Kernstück im eigenen Zuhause – gerne mit soften Kissen und gemütlichen Decken ausgestattet, um dem Cocooning zu frönen. Dekorative Objekte aus natürlichen Materialien und Zimmerpflanzen spielten außerdem eine wichtige Rolle beim Interior-Design und verwandelten Wohnungen in einen üppigen urbanen Dschungel. Während der Monate im Frühling und Sommer wurde vermehrt Zeit draußen und im Garten verbracht. Qualitativ hochwertige Gartenmöbel, Grills und Gartenspielgeräte für Kinder waren daher begehrte Kaufgegenstände.

Ein Jahr für Hobbys

 

Zusätzliche Zeit zuhause, sowie geschlossene Restaurants führten dazu, dass Menschen endlich die Rezepte ausprobieren konnten, die sie seit Jahren sammelten und so ihre Kochkünste verbessern konnten. Eines der beliebtesten Backprojekte war Bananenbrot, da es gelingsicher ist und so auch Backanfänger:innen erfolgreich loslegen konnten. Ambitionierte Bäcker:innen versuchten sich an Sauerteigbroten. Das Interesse an Kochprojekten führte auch zu höheren Verkäufen von Küchenzubehör, insbesondere bei Equipment, das gesundes Kochen erleichtert, wie Schongarern, Heißluftfritteusen und Dampfgarern. Auch wurde sich neuen Hobbys oder lange verschobenen Träumen gewidmet, um die Stunden zu füllen. Kreative Aktivitäten, die als produktiv empfunden werden, wurden so dem bedeutungslosen Netflix-Bingen entgegen gesetzt. Künstlerische Projekte mit beruhigenden und positiven Effekten auf den Geist wurden gestartet und eine große Zahl an Menschen erlebte den meditativen Flow-Zustand der Kreativität. Produkte zum Zeichnen und Malen waren stärker nachgefragt – aber auch das Spielen von Musikinstrumenten, Nähen, Stricken, die Gestaltung von Kerzen oder Schreiben finden sich bei den neu oder erneut lieb gewonnenen Hobbys. Ein weiterer Nutzen der kreativen Freizeitaktivitäten: Die Ergebnisse eignen sich als individuelle Dekoration für Zuhause oder als Geschenke für Freunde und Familie.

Neue sportliche Gewohnheiten

 

Dieses Jahr hat auch unser sportliches Leben und die Art, wie wir trainieren, maßgeblich beeinflusst. Sporthallen und Fitness-Studios mussten schließen, der Vereinssport pausieren. Viele Menschen haben den Großteil des Jahres von zuhause gearbeitet und sich damit weniger bewegt. Die gesamte Situation und die Einschränkungen in der Bewegung führten zu einem verstärkten Interesse an Gesundheit und der Stärkung des Immunsystems. Sportliche Aktivitäten wurden als unverzichtbarer Bestandteil in den Alltag integriert. Bewegung unterstützte uns fit und gesund zu bleiben und auch dem Stress entgegen zu wirken. Viele Menschen begannen zu joggen und verbrachten die Wochenenden draußen – und zwar sportlich aktiv. Als Folge daraus stieg das Interesse an Fahrrädern und Fahrrad-Zubehör sowie Inlinern und Skateboards deutlich an. Training und Kurse online erlebten einen Boom und erlaubten uns insbesondere zeitlich flexibler zu sein. Das Training von Zuhause aus führte zu einem Zuwachs bei den Verkäufen von Sportequipment wie Kurzhanteln, Kettlebells und Yogamatten, aber auch an Geräten für den hauseigenen Fitnessraum.